Der 1.FC Magdeburg muss sich trotz langer Führung wieder einmal mit einer Punkteteilung zufrieden geben. In Würzburg führte das Team um Torschütze Christian Beck fast 45 Minuten lang mit 0:1. Wie so oft in den letzten Spielen reichte die Abwehrleistung in den Schlusssekunden nicht aus, um eine gute Leistung zu belohnen. In der 89.Minute erzielten die Gastgeber das 1:1. Der FCM wartet somit weiter auf den ersten Auswärtssieg und muss das dritte Mal in Folge einen Rückschlag in den letzten Zügen des Spiels hinnehmen.
Die erste Hinrunde des FCM in der dritten Liga endet mit einem Unentschieden. Das 1:1 der Blau-Weißen in Würzburg spiegelt den Verlauf der Saison wieder. Vor allem die letzten drei Partien zeigen das selbe Bild – zusammengefasst: Sehr engagiert, aber gegen Ende unerfahren und fahrig, deswegen Punkte liegen gelassen. Ein bisschen Kritik darf erlaubt sein, obwohl der siebte Platz zur Halbzeit der Saison mehr als ansehnlich ist. Trainer Jens Härtel weiß selbst, wo die Probleme sind. Im Wortlaut nach dem Schock-Unentschieden gegen die Zweite des VfB letzte Woche bemängelte der Coach, dass seine Spieler einfach mal den Ball lang und weit wegschießen sollten. Auch beim Spiel gegen die Kickers Würzburg am Samstag zeigte sich das Härtel-Team defensiv nicht von ihrer besten Seite.
Es war alles andere als ein hochklassiges Fußballspiel, das die 5.617 Zuschauer in der Flyeralarm Arena Würzburg sahen. Gefahr strahlten in den ersten Minuten des Spiels lediglich die simplen Spielzüge aus. Lange Bälle, Freistöße und Ecken zuhauf, gefolgt von wenig Fußball und noch weniger individueller Klasse. Ein „Kampf-Spiel“, wie es zu erwarten war. Die heimschwachen Würzburger, die in dieser Saison kaum Tore schießen (lediglich 17 in der Hinrunde), quälten sich im Spielaufbau. Auf der anderen Seite ließen die Magdeburger den Gegner kommen und hofften, auswärts-schwach wie kaum ein anderes Team der Liga, auf Fehler des Gastgebers. Eine Halbchance von Pulido (2.Min) war die einzig nennenswerte Chance des FCM in der Anfangsphase.

Beide Aufsteiger unkreativ – Beck verlässlich wie immer
Würzburg versuchte von Minute 10 an das Spiel in die Hand zu nehmen. Sinnbildlich für das ideenlose Spiel kam in der 15.Minute die erste große Chance der Kickers nach einem Freistoß, aber Torhüter Jan Glinker, über das gesamte Spiel bester FCM-Akteur, vereitelte die Torchance und klärte zur Ecke. Die Standardsituationen und Glinker standen von nun an im Vordergrund des Spielgeschehens. Die Angriffe der Würzburger führten zu wenig hochprozentigen Möglichkeiten. Die aus den Kleinchancen resultierenden Ecken überstand der FCM, ohne in Bedrängnis zu geraten. Da die Gastgeber durch Pressing gegen den Ball immer weiter vorrückten, ergaben sich hinter der Abwehrreihe Freiräume für Konter. Das nutzten die Gäste kaltschnäuzig. In der 42.Minute bediente Sowislo Sturmspitze Beck nach einem Konter mustergültig von halbrechts. Der 1,96-Meter Stürmer ließ dem herausstürmenden Torhüter keine Chance und nickte zum 0:1 ein. Ein Tor aus dem Nichts und ein weiterer Beweis für Becks Klasse, der seine einzige Tormöglichkeit des Nachmittags tadellos nutzte.
Seitenwechsel – Würzburg belohnt sich spät
Nach der Pause lief das Spiel nur in eine Richtung: Auf den Kasten von Jan Glinker. Der Torhüter des FCM musste etliche Chancen der Gastgeber vereiteln. Die Kickers spielten sehr hoch und attackierten früh mit acht Mann in der gegnerischen Hälfte. Der FCM war in der zweiten Hälfte fast hilflos dem Offensivfeuerwerk ausgeliefert. Das Bild aus der ersten Halbzeit hatte weiterhin Bestand. Glinker blieb in allen Duellen Sieger und die Kickers suchten verzweifelt nach einem Knipser mit dem Attribut „effizient wie Beck“. Die Torwartleistung und die daraus resultierende Verzweiflung der Würzburger ließen die Magdeburger weiterhin auf den ersten Auswärtssieg hoffen.
In der 82.Minute schickte Trainer Härtel, der die ersten beiden Wechsel positionsgerecht vollzogen hatte (Kruschke für Pulido und Chahed für Altiparmak), mit Silvio Bankert einen Defensivmann für Mittelfeldakteur Manuel-Farrona Pulido. Die Marschroute war somit klar: Die Führung irgendwie verwalten. Doch wie in Aspach und beim Heimspiel gegen den VfB zeigte die Verteidigung nicht die nötige Abgeklärtheit in den Schlusssekunden. Das Tor von Fennell aus der zweiten Reihe besiegelte in der 89. Minute das verdiente Remis.
„Froh, nicht verloren zu haben“
Die Magdeburger müssen sich vorwerfen lassen, das Spiel in den zweiten 45 Minuten komplett aus der Hand gegeben zu haben. „Anfang der zweiten Hälfte hatten wir Probleme und wir können froh sein, dass wir nicht verloren haben“, befand Trainer Jens Härtel. Zwar war die „Riesenchance“ auf den ersten Auswärtssieg da, so Härtel weiter, aber das Ergebnis sei nach den 90 Minuten „in Ordnung“. Die Großchancen der Gastgeber hätten auch eine FCM-Niederlage zur Folge haben können.
Sein Gegenüber Bernd Hollerbach stellte klar, dass Beck „natürlich gut sei“ und man den Stürmer besser verteidigen müsse als beim 0:1 geschehen. Sein Resumé spiegelte den Spielverlauf und die Dominanz seines Teams im zweiten Abschnitt wieder: „Zum Glück haben wir den verdienten Ausgleich gemacht.“
Die beiden Überraschungsteams der Liga trennen sich also mit 1:1. Ein versöhnliches Ende für die erste Magdeburger Hinserie im Profi-Fußball. Obwohl in den letzten drei Spielen mehr drin gewesen wäre, steht der FCM auf einem beachtlichen Tabellenplatz. Dabei hätte es, mit ein bisschen mehr Routine und Souveränität, eine noch bessere Hinrunde sein können. Die Auswärtsschwäche nimmt Trainer Härtel in seinen abschließenden Worten gewohnt pragmatisch: „Dann versuchen wir in Erfurt den Bock umzustoßen“.
elbsport.com / Johannes Sill
Fotos: Oliver Wiebe
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