Seit einigen Wochen ist das Buch „111 Gründe, den 1. FC Magdeburg zu lieben“ auf dem Markt. Alexander Schnarr, Blogger (nurderfcm.de) und langjähriger FCM-Fan, ist der Autor. Im Interview mit elbsport.com spricht er über die Wahl seiner 111 Gründe, Veränderungen in der FCM-Fanszene und den sportlichen Aufschwung des Vereins.
elbsport.com: Hallo Herr Scharr, schön dass Sie Zeit für uns gefunden haben. Wie kamen Sie dazu, ein Buch über den FCM zu schreiben?
Alexander Schnarr: Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht selbst auf die Idee gekommen bin. Der Verlag „Schwarzkopf und Schwarzkopf“ hat mich angesprochen – die waren über meinen Blog „nurderfcm.de“ auf mich aufmerksam geworden. Im Oktober/November letzten Jahres hatten die bei mir angefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Buch zu schreiben. Ich habe dann eigentlich gar nicht so sehr lange überlegen müssen, wobei ich auch voll berufstätig bin und dabei ein bisschen gucken musste, wie das zeitlich so hinkommen kann. Letzten Endes ist das für einen Club-Fan aber natürlich eine gute Sache und zum anderen eine große Herausforderung.
elbsport.com: Wurde Ihnen die Wahl der 111 Gründe überlassen, oder wie darf man sich das vorstellen?
Schnarr: Genau, da hatte ich völlig freie Hand. Die einzige Vorgabe von dem Verlag war eben, dass das Buch in dem Prinzip der 111 Gründe verpackt werden sollte und dadurch transportiert wird, was den 1. FC Magdeburg besonders macht. In diesem Jahr feiert der FCM 50-jähriges Jubiläum. Da bot es sich natürlich auch einfach an, nochmal auf 50 Jahre FCM zurückzublicken. Es sollte ein Buch von Fans für Fans sein, sollte sich also auf die Fanszene richten. Welche 111 Gründe das aber sind, wurde mir überlassen.
elbsport.com: Wie gingen Sie es dann an, nach diesen 111 Gründen zu suchen?
Schnarr: Im Wesentlichen habe ich mich einfach hingesetzt und begonnen aufzuschreiben, was den FCM ausmacht. Da macht man eine Liste. Ab dem 80. Grund wurde es dann auch interessant, weil man wirklich anfangen muss, nachzudenken. Aber das hat nachher gut geklappt. Nun gibt es tatsächlich auch ein paar Geschichten, die es nicht ins Buch geschafft haben, weil sich ein paar Sachen durch Gespräche mit der Fanszene ergeben haben, die ich auch gut fand und gar nicht auf dem Zettel hatte.
elbsport.com: Wie Sie schon angesprochen haben, sind Sie zugleich auch so noch voll berufstätig. Wie schwer war es, das alles unter einen Hut zu bekommen?
Schnarr: Das war schon intensiv. Das war eine Herausforderung, und das kann ich auch ehrlich sagen, dass das schwierig ist, während eines Vollzeitjobs noch zu machen. Man investiert natürlich viel Zeit, auch an den Wochenenden, in denen man mit Menschen spricht und so weiter. Das war auch wirklich eine große Aufgabe, aber auch eine Aufgabe, die sehr viel Spaß gemacht hat. Und was man natürlich auch nicht vergessen soll, ist das man sich über diese Sache dem Klub noch einmal ganz anders nähert.
elbsport.com: In ihrem Buch kommen eigene Beobachtungen, die Sie als langjähriger Fan gemacht haben, aber auch Geschichten von anderen Fans zum Zug. Nach diesen mussten Sie natürlich erst einmal suchen. Wie waren die Reaktionen der Fans, als Sie davon erzählten, ein Buch schreiben zu wollen?
Schnarr: Unterschiedlich, muss man sagen. Ich habe den Verein relativ schnell kontaktiert und denen mein Projekt auch vorgestellt. Da wollte ich einfach schauen, ob es von Seite des Vereins auch Unterstützung geben kann. Die gab es dann tatsächlich auch. Ich habe über meinen Blog einen Ausruf geschrieben, wo ich das Buch vorgestellt habe und darum gebeten habe, sich an den Geschichten zu beteiligen. Der Verein hat diesen Aufruf dann auch über seinen Facebook- und Twitter-Kanal geteilt und auch deutlich gemacht, dass er hinter dieser Idee steht und das auch unterstützt. Das war sehr gut und hilfreich, weil sich daraufhin auch Leute meldeten, die meinten: „Hey, ich habe davon gehört, ich habe da eine Geschichte für dich“ und so kam ich dann in Kontakt mit ihnen. Dann gab es noch einen Ausruf in einem FCM-Fanforum, der aber eher so mäßig gut lief. Da waren dann auch kritische Stimmen, die gesagt haben, „naja, das ist ja keine besondere Reihe“ oder „ist doch nur Kommerz“. Letztendlich gab es aber einige, die etwas erzählen wollten und das war dann so ein Schneeballeffekt, irgendwann kam es richtig ins laufen.
elbsport.com: Kommen wir zu Ihnen als Person. Sie sind bei fast allen FCM-Spielen dabei. Wann und wie sind Sie denn vom FCM-Virus infiziert worden?
Schnarr: Bei mir war es so, wie es bei vielen Fußball-Fans halt auch läuft: ich bin da einfach hineingerutscht. Das allererste Spiel habe ich mit meinem Vater in den 90ern gesehen. Zu meiner Oberstufenzeit bin ich dann immer mal wieder mit ein paar Leuten ins Stadion gegangen und dann bin ich im Prinzip immer dabei geblieben. Nach dem Abi bin ich frühzeitig aus Magdeburg weggezogen und da war der Verein für mich immer eine Verbindung in die Heimat. Wenn ich in der Stadt war, bin ich immer zu den Spielen gegangen und dann bin ich einfach dabei geblieben.
elbsport.com: Sie sprechen in dem Buch an, dass es manchmal schwer sei, seine FCM-Vernarrtheit gegenüber der Familie und den Freunden zu rechtfertigen.
Schnarr: Ich habe das große Glück eine sehr verständnisvolle Frau zu haben, die das ganze unterstützt und sich auch immer freut, wenn der Club gewinnt. Von der Seite ist da schon ziemlich viel Verständnis, von der Familie inzwischen auch. Da ist dann auch klar, dass sie an den Spieltagen eher weniger mit mir rechnen können. Zur Anfangszeit war das ein bisschen anders. Da gab es zum Teil einfach dieses fundamentale Unverständnis: „Es ist doch nur Fußball“. Inzwischen finden das aber alle gut, sie haben sich auch sehr über das Buch gefreut.
elbsport.com: Zurzeit läuft es beim FCM so gut wie seit etlichen Jahren nicht mehr. Wie können Sie sich das erklären?
Schnarr: Es ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Wenn man da auf die sportliche Leitung schaut, dann hängt da ganz viel mit den Personen Mario Kallnik und Jens Härtel zusammen. Was die Mannschaft betrifft, ist das ein Team, das nicht die super Individualisten hat aber gut über die mannschaftliche Geschlossenheit, dem Kampf und der Leidenschaft kommt. Ich glaube, wir hatten in der letzten Saison einfach das Glück, dass mit dem 6:0 beim Auswärtsspiel in Bautzen irgendwie der Knoten geplatzt ist und dann eine Serie begann, die der Mannschaft Kraft gegeben hat. Wenn du etliche Spiele in Folge nicht verlierst, dann wird die Brust natürlich immer breiter. Der Trainer spielt ebenfalls eine riesengroße Rolle, da er die Mannschaft immer super einstellt. Sehr wichtig ist ebenfalls, dass die Fans hinter dem Verein stehen und ihn nochmal sehr pushen. Es läuft einfach im Moment. In dem einen oder anderen Spiel war auch das Quäntchen Glück dabei. Und so kommt man halt ins rollen.
elbsport.com: Sie sprechen in ihrem Buch an, dass die Fanszene in Magdeburg auch schnell mal kritisch werden kann. Aktuell läuft es ganz gut, aber denken Sie, dass die Stimmung umschlagen könnte, wenn das Team ein paar Spiele in Folge nicht gewinnt?
Schnarr: Ich muss sagen: ich glaube, dass diese lange Leidenszeit, die die Fans mit dem Verein durchgemacht haben, jetzt dazu geführt hat, dass es eine ganz starke Verbundenheit gibt zwischen der Mannschaft, der Kurve und dem Verein. Dieser Umstand, denke ich, wird uns auch in einer schwierigen Zeit tragen. Die Geduld ist inzwischen einfach größer, habe ich den Eindruck. Es gab Zeiten – so um die Jahre 2009, 2010 herum – in denen wir mit einer sehr teuren Mannschaft nicht unbedingt erfolgreich waren und an vielen Ecken ziemlich schnell ziemlich viel Unruhe aufkam. Inzwischen ist das anders, und das hängt sehr stark mit der Person Mario Kallnik zusammen. Bei seinem Amtsantritt hat er relativ schnell klar gemacht, dass wir uns mit dem Europapokalsieg heute gar nichts mehr kaufen können und uns alles erarbeiten müssen. Ich glaube, dass das inzwischen auch verinnerlicht ist. Man bleibt einfach ruhiger, wenn ein Spiel mal nicht so gut läuft und toleriert auch mal eher eine unpopuläre Vereinsentscheidung, weil am Ende eben der Verein über allem steht.
elbsport.com: Herr Schnarr, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Mattis Nothacker
Foto: Schwarzkopf & Schwarzkopf
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