Nachschuss: Contra Ausgliederung

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Ganz schnell soll es gehen: Der 1. FC Magdeburg will noch in dieser Spielzeit die Profifußballer aus dem 1. FC Magdeburg e. V. in die 1. FC Magdeburg Stadion- und Sportmarketing GmbH (SSG) ausgliedern. Wie anderswo auch wird dieser Schritt kontrovers diskutiert. elbsport-Redakteur Martin Leckelt beleuchtet die Argumente gegen die Ausgliederung. 

Im Sommer stieg der 1. FC Magdeburg in die Dritte Liga auf. Zu diesem Zeitpunkt war von einer möglichen Ausgliederung noch keine Rede. Nachdem dann neun Spiele größtenteils erfolgreich über die Bühne gebracht wurden, meldete sich Aufsichtsratschef Lutz Petermann am 22. September wie aus dem Nichts in der Volksstimme zu Wort und kündigte den Plan einer Ausgliederung an. Gerade aus dem Bereich der aktiven Fanszene gibt es regen Widerstand gegen diesen Plan. Generell verwundert es, weshalb der Vorstand nicht schon in der letzten Saison öffentlich zur Sprache brachte, dass eine Ausgliederung im Aufstiegsfall geplant wäre. Dies lässt entweder die Schlussfolgerung zu, dass man dieses in Teilen der Anhängerschaft unpopuläre Thema unbedingt in der Euphorie der Monate nach dem Aufstieg durchboxen wollte oder aber, dass die Vereinsoberen selbst erst nach dem Aufstieg konkrete Pläne entwickelt haben. Was es auch ist, es spräche beides nicht für die Ausgliederung. Zu schnell scheint die Entscheidung, zu wenig wird kommuniziert. Gerade bei einer so wichtigen Maßnahme wie dieser, die sich auch nicht mehr rückgängig machen ließe, muss man die Frage stellen, ob ein längerer Vorlauf oder eine Ausgliederung erst zur Spielzeit 2016/17 nicht angebrachter gewesen wäre.

Wirklich „alternativlos“?

Die Vereinsführung begründete die Pläne in erster Linie mit deren vermeintlicher Alternativlosigkeit. Der FCM als eingetragener Verein dürfe kein Vermögen anhäufen, es drohe die Löschung im Vereinsregister. Allerdings ist es für eingetragene Vereine möglich, wirtschaftlich tätig zu sein, wenn diese Tätigkeiten dem Hauptzweck des Vereins funktional untergeordnet ist. In §2 der Vereinssatzung ist zum Vereinszweck angegeben: „(1) Die Ziele, Aufgaben und Ergebnisse des 1. FC Magdeburg e. V. sind gerichtet auf die Wahrung, Förderung und Verwirklichung körperkultureller, sportlicher und humanistischer Interessen seiner Mitglieder, insbesondere durch den Mannschaftssport Fußball, der leistungsorientiert ausgeübt wird.“ Wenn der Club also wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht und diese dem Zwecke dienen, dass der FCM besser leistungsorientierten Fußball spielen kann, dann dürfte angehäuftes Vermögen als Zweckvermögen durchgehen und es dürfte keine Löschung des Vereins oder ähnliches drohen. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass aktuell 29 der 53 ersten Mannschaften in den drei höchsten Spielklassen einem e. V. zugeordnet sind. Selbst wenn man die wahrscheinlichen Ausgliederungen in Stuttgart, Rostock und eben Magdeburg rausrechnet, bewegt sich die Zahl um 50%. Darunter sind mit dem VfB Stuttgart (noch), dem SV Darmstadt 98, dem FSV Mainz 05 und dem FC  Schalke 04 auch vier Bundesligisten, die mit finanziell ganz anderen Beträgen zu tun haben als der Europapokalsieger von 1974. Dies sind Beispiele dafür, dass man auch als eingetragener Verein sportlich und wirtschaftlich erfolgreich sein kann, zumal der FCM es ja auch als e. V. in die Drittklassigkeit geschafft hat und dort jetzt mehr als erfolgreich ist. Außerdem droht keinem dieser Vereine die Löschung aus dem Vereinsregister oder ein anderes Schreckensschicksal.

Mögliche „strategische Partner“ wirklich ohne Einfluss?

Im Zuge der Ausgliederung hat Mario Kallnik bereits verlauten lassen, dass er mögliche „strategische Partnerschaften“ in Zukunft nicht ausschließt. In diesem Zusammwnhang sprach der Sportvorstand von überregionalen Unternehmen, denen jedoch kein sportliches Mitspracherecht eingeräumt werden soll. Nur muss erlaubt sein zu fragen, ob ein überregionales Unternehmen, welches Geld investiert nicht auch mitbestimmen möchte, wie damit umgegangen wird? Beim FC Bayern zum Beispiel, der in je 8,33% seiner Anteile an Audi, Adidas und Allianz verkauft hat, sind mit Herbert Hainer, Rupert Stadler und Markus Rieß die Vorstandsvorsitzenden dieser Unternehmen stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats. Hinzu kommt, dass nicht auszuschließen ist, dass Mario Kallnik trotz seiner erst 41 Jahre einmal nicht mehr der Verantwortliche beim 1. FC Magdeburg ist. Wie mögliche spätere Manager oder Vorstände zu der Thematik stehen und wie sie mit dem 1. FC Magdeburg, seinen Anteilen und Vermarktungsrechten stehen, weiß niemand. Gerade, weil eine Ausgliederung ja auch mit einem Kontrollverlust der Mitglieder einher geht, könnten hier langfristig Gefahren drohen. Man schaue nur zu 1860 München, wo über 49% der Anteile einem Investor gehören, der teils für Chaos im Verein sorgt. Bei Hertha BSC gehören seit Anfang 2014 9,7% der Anteile (mit Option auf weitere Prozente) der US-amerikanischen Finanzheuschrecke KKR, die bei einigen Unternehmen in der Vergangenheit verbrannte Erde hinterlassen hat. Bei dem Hauptstadtverein war dies freilich noch nich der Fall, aber man weiß nicht, wie KKR in Zukunft dort handeln wird. Somit kann man sich beim FCM auch nur für einen begrenzten Zeitraum relativ sicher sein, dass die GmbH nicht zu Teilen veräußert wird.

Viel Lärm und weniger Mitbestimmung

Es muss jeder selbst beurteilen, ob für ihn oder sie die Rechtsform des 1. FC Magdeburg eine entscheidende Rolle spielt. Ist man der Meinung, dass Vereine und nicht Unternehmen den Spielbetrieb tragen und organisieren sollten und möchte man Mitbestimmung und Vereinskultur mit Einbeziehung der ersten Mannschaft erhalten, dann hat man gute Gründe, die geplante Ausgliederung abzulehnen. Denn die Horrorszenarien, die teilweise an die Wand gemalt werden sind, das zeigt der Blick auf andere eingetragene Vereine im Profifußball, nichts als Potemkinsche Dörfer. Das gemeine Mitglied verliert an Kontrolle über die handelnden Akteure und vermeintliche wirtschaftliche Vorteile sind absolut ungewiss. Gerade, wenn die derzeitige sportliche Führung das Zepter in andere Hände geben sollte, könnte der FCM sich Partner anlachen, die dem Verein unter Umständen schaden könnten. Doch selbst wenn man dieses Minimalrisiko außen vor lässt, konnten weder Petermann noch Kallnik bisher sagen, weshalb der 1. FC Magdeburg die Profiabteilung ausgliedern muss, denn eine Löschung aus dem Vereinsregister droht wohl kaum und Geld erwirtschaften sowie erfolgreich Fußball spielen kann man auch als e. V. Solange nicht glasklar aufgezeigt wird, wo die Notwendigkeiten oder entscheidenden Vorteile einer Ausgliederung liegen, ist Widerstand gegen diese Pläne vollkommen legitim und sollte nicht als unvernünftig oder rückständig gebrandmarkt werden.

elbsport.com / Martin Leckelt

Foto: Philipp Schöner

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