Der 1.FC Magdeburg knüpft an die Leistungen des letzten Jahres an und fängt da an, wo er vor der Winterpause aufgehört hat. Mit einem gesamt gesehen glücklichen 1:2 Auswärtserfolg bei dem Rivalen Hallescher FC startet der FCM gut aus der Winterpause und erobert zum Ende des 22.Spieltags den vierten Tabellenplatz in der 3.Liga. Alles wie beim alten, möchte man sagen, wäre da nicht ein Debütant, der nicht nur sich selber überrascht.
Halle – Es ist das 70. Aufeinandertreffen der beiden Rivalen aus Sachsen-Anhalt in einem Punktspiel und die Ausgangslage könnte nicht noch mehr Zündstoff bieten. Die 3.Liga erwacht an diesem Wochenende wieder aus dem Winterschlaf und zieht die Massen in die Stadien. So auch in Sachsen-Anhalt, wo sich an diesem Spieltag die beiden einzigen Drittliga-Teams aus dem Bundesland zum Derby treffen. Das Spiel ist an Brisanz kaum zu überbieten. So wollen die Hallenser nicht nur eine Revanche für das Hinspiel, welches mit 2:1 an den FCM ging, sondern auch den anstehenden 50.Geburtstag des Vereins am kommenden Dienstag euphorisch einläuten. Dafür haben sich die Heimfans zu Beginn der Partie eine Choreografie ausgedacht, die der ganzen Rivalität zwischen den beiden Fanlagern noch einen weiteren Stempel aufdrückt. Auf der anderen Seite sorgen ca. 3.000 mitgereiste Fans aus der Landeshauptstadt für eine atemberaubende Stimmung auf den Rängen.
Großartige Kulisse – friedlicher Verlauf im Stadion
Nur einer lässt sich von diesem Tollhaus nicht seinen Atem rauben. Und das überrascht nicht nur ihn selbst. Sein Name: Sebastian Ernst. Im Winter noch vor dem Jahreswechsel aus Hannover gekommen, wo er sich vor wenigen Zuschauern bei den Amateuren des Bundesligavereins beweisen musste, findet er sich nun als Debütant in seinem ersten Spiel von Beginn an vor 12.500 Zuschauern in der 3.Liga wieder. Ende November soll es den ersten ernsthaften Kontakt zwischen dem Spieler und Verein gegeben haben, nicht einmal ein Monat später war der Deal mit dem gerade mal 20-Jährigen perfekt. Magdeburg soll der nächste Karriereschritt werden und obwohl er momentan noch zwischen Hotel und Trainingsplatz pendelt, hat der Jungspund Trainer Jens Härtel im Training überzeugt und sich einen Startelfplatz gegenüber seinen nicht wenigen Konkurrenten im Mittelfeld erobert.
Debütant Ernst – Das erste Ausrufezeichen
In dieser Startformation findet sich Ernst dann hinter Topstürmer Christian Beck wieder. Das er ihm bei seinem ersten Spiel direkt die Show stehlen wird, kann niemand erahnen. Mit Michel Niemeyer, der nach Verletzungspause sein Comeback feiert, macht er die linke Seite der Magdeburger zu seinem Hoheitsgebiet. Von Anfang an versucht der Ex-Hannoveraner seine ihm gegebene Chance zu nutzen und auf sich aufmerksam zu machen. Dies gelingt dem jungen Spieler dann nahezu perfekt, indem er die erste Chance seines Teams zur Führung für den FCM nutzt. In der fünften Spielminute kann der HFC den Ball nicht aus der Gefahrenzone klären – Niklas Brandt setzt im Kopfballduell nach und bugsiert das Spielgerät zu Ernst, der im Strafraum völlig frei zum Schuss kommt. Den Volleyschuss kann HFC-Torwart Fabian Bredlow nicht mehr abwehren – 0:1 und das erste Ausrufezeichen durch Winterneuzugang Ernst.
Nach der Führung entwickelt sich eine ausgeglichene, aber nie hochwertige Partie in Halle. Für Unruhe sorgen immer wieder einige härtere Fouls auf beiden Seiten. Das harte Einsteigen von Verteidiger Stefan Kleineheismann gegen Brandt direkt vor den beiden Trainerbänken erzeugt eine Rudelbildung zwischen Betreuern und Spielern beider Seiten. Nach einigen Minuten beruhigt sich die Situation und wird mit zwei gelben Karten für Brandt und Kleineheismann von Schiedsrichter Benjamin Brand beendet. Opfer von taktischen Fouls wird auch immer wieder Ernst, der mit seiner Spritzigkeit im Vorwärtsspiel und seiner Agilität mit dem Ball am Fuß immer wieder unfair gestoppt wird. Doch auch Ernst selber hilft seiner Mannschaft in der Defensive aus und wirft sich in jeden Zweikampf. Doch den Ausgleichtreffer von Toni Lindenhahn kann auch der Mittelfeldmann nicht verhindern. Während der Behandlung von Kapitän Marius Sowislo an der Seitenlinie zeigt sich der FCM unsortiert und der Kullerschuss des HFC-Stürmers, der damit sein erstes Saisontor erzielt, findet den Weg ins Tor. Mit diesem Zwischenstand verabschieden sich die 22 Spieler in die Halbzeit.
Ernst setzt den Schlusspunkt
Beide Trainer schicken ihre Teams personell unverändert, dafür aber mit einer offensiveren Ausrichtung, auf den Platz. Das neue System bringt dem HFC dann einige Möglichkeiten vor dem Tor von Jan Glinker ein, die die Spieler jedoch nicht nutzen können. Auf der Gegenseite bleibt vor allem Stürmer Christian Beck, der seinen Vertrag gerade erst bis 2018 verlängerte, ziemlich blass. Doch nicht so der junge Ernst. Durch einen katastrophalen Patzer von Torhüter Bredlow kommen die Magdeburger am Strafraum in Ballbesitz. Der auf der linken Seite gestartete Ernst zieht mit dem Ball am Fuß und einem hohen Tempo in den Strafraum ein und vollendet ins lange Eck – 1:2!. Der Debütant verschwindet in der Spielertraube seiner Mitspieler.
Nach dem Führungstreffer passiert nicht mehr viel und der Hallesche FC kann in der nun hektischen Partie keine Torchancen mehr kreieren. In der 83.Minute gönnt Jens Härtel seinem Jungspund mit seiner Auswechslung dann den großen Abtritt. Vielleicht will er ihm aber auch nur genügend Zeit geben, die Vielzahl an SMS, die der Junge jetzt bekommen wird, zu beantworten. Die erste SMS bekommen jedenfalls seine Eltern.
elbsport.com/ Nicolas Stange
Foto: Oliver Wiebe
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